Beschleunigungen

Ich wollte schon immer mal wissen, welche Beschleunigungen beim Einradfahren so auftreten. Nun habe ich seit kurzem ein neues Spielzeug, nämlich ein Handy mit Beschleungigungssensor. Damit in der Hand bin ich jetzt mal ein paar Pirouetten und Backspin-/Frontspin-Ketten gefahren. Das Ergebnis seht ihr hier:

Der rote Graph stammt von einer Priouette, der blaue von einer Spinkette.
Die Bilder sind so zu lesen, daß ich die Beschleunigungen (als Vektor) einfach 3-dimensional angezeichnet und jeweils noch die Koordinaten (berechnet durch Integration aus den vergangenen Beschleunigungen) addiert habe, um das Gewühl etwas auseinanderzuziehen.
Die maximal gemessenen Beschleunigungen liegen bei ca. 3,5g. Ich habe bewußt die Arme ausgestreckt gelassen, um nicht zusätzliche Beschleunigungen durch Arme anlegen und ausstrecken zu überlagern.
Die Pirouette habe ich bewußt etwas wandern gelassen, um mich nicht immer auf einem Punkt zu bewegen, die Spinkette findet ja sowieso nicht an einem Ort statt.

Frage: machen diese Graphen irgend einen Sinn, oder zeigen sie nur, daß der Gravitationssensor Unsinn ausspuckt? Ich persönlich kann daraus weder eine Pirouette noch Spins ablesen. In beiden Fällen hätte ich eine zyklische Werte erwartet, die ich hier aber nicht erkennen kann.

Hm, Lecker Spaghetti.
Ich kann zwar zu keiner der Figuren sagen wie die Beschleunigung sich anfühlt, aber ich kann mir kaum vorstellen dass derart unregelmäßige Werte Sinn machen.
Vielleicht solltest du das Handy besser an einem Punkt befestigen anstatt es in die Hand zu nehmen? Ich denke die Ausgleichsbewegungen, die man unterbewusst mit den Händen macht werden dir sonst jede Regelmäßigkeit rauswursteln.
Vielleicht Handy ans Einrad oder an die Brust/Schulteroberseite pappen? Natürlich wären die Beschleunigungen an diesen Stellen Fliehkraftbedingt weniger hoch, wodurch umso mehr die Genaugikeit des Sensors wichtig wird…

Zeichne doch bitte noch irgendwo ein Koordinatenkreuz ein, damit ich mich besser zurechtfinden kann (bin kein Mathematiker). Danke.

Bevor ich damit auf’s Einrad steigen würde, würde ich erst versuchen, auf verschiedene einfachere Arten sowas wie Referenzkurven zu erzeugen - also beispielsweise:

  • Pirouetten ohne Einrad drehen
  • Handy in Eimer legen, Seil an Eimergriff und Eimer um den Kopf schleudern wie ein Lasso
  • Handy zwischen die Speichen des Einrads klemmen und Rad drehen oder möglichst gleichmäßig fahren
  • ....
(Hochwerfen und wieder auffangen gibt sicher auch eine schöne Kurve, wenn sie auch nichts beiträgt zum Vergleichen).

Und anschließend wie schon rueolps geschrieben hat, nicht in der Hand halten, sondern irgendwie so am Einrad fixieren. Eine ganz tolle Kurve müsste es ja geben, wenn du mit einem Einrad mit möglichst großem Felgendurchmesser Spins machst und dabei das Handy möglichst weit außen an der Felge festmachst.

Das ist auf jeden Fall ein Thread, den ich weiter verfolgen werde :roll_eyes: .

Da ich mein neues Handy eigentlich noch eine Weile in funktionsfähigem Zustand belassen wollte, werde ich Hochwerfspielchen bleiben lassen, ebenso wie Handy an die Felge kleben.

Was die Genauigkeit des Sensors angeht: Fakt ist, daß es für dieses Handy ein paar Applikationen gibt, bei denen man das gesamte Handy bewegen soll und dabei dann irgendwas simuliert wird (z.B. eine virtuelle Kugel rollt auf dem Display rum und wird durch die Bewegung des Geräts beschleunigt oder abgebremst). Das funktioniert eigentlich ganz gut. Zumindest wirkt diese virtuelle Welt realistisch und gehorcht meinen physikalischen Erfahrungen.

Hier nun dasselbe Bildchen nochmal mit Koordinatenkreuzen (jeweils im Ursprung der beiden Graphen aufgehängt - die y-Achse ist umgedreht um nicht aus dem Bild rauszuragen). Die einzelnen Markierungen auf den Skalen sind jeweils im Abstand von 10m/s^2, also ungefähr 1g.

Wie oft wird denn pro Sekunde abgetastet und was genau liefert das Handy zurück? Magst du deine Rohdaten bereitstellen, damit ich (und vielleicht andere) damit rumspielen können?

Edit: Insgesamt eine sehr spannende Sache. Da kriegt man bestimmt noch was aussagekräftigeres heraus als diese appetitlich anmutenden Spaghetti. :smiley:

Gerne. Ich hab die Rohdaten ins Attachment gepackt. Die einzelnen Zeilen beinhalten
<Datum> <Uhrzeit>, <Zeit in Nanosekunden> (keine Ahnung wo da der 0-Punkt ist), <Beschleunigung in x->, <y->, <z-Richtung> in m/s^2.
Wenn ich das Handy vor mich auf den Tisch lege ist x quer, y von mir weg und z Richtung Zimmerdecke.

Das mag sein. Mir ist jetzt auf die Schnelle aber nichts Besseres eingefallen, um einen 7-dimensionalen Graphen (Ortskoordinaten, Beschleunigungsvektor, Zeit) 2-dimensional darzustellen. Falls du noch eine gute Idee hast, dann nur her damit.

Gemalt habe ich die Bildchen übrigens mit Povray. Das Sourcefile gibts auch im Attachment (vor der Benutzung bitte die Datei umbenennen und die Extension .txt löschen - das Forum läßt mich keine .pov-Files hochladen).

Acceleration Pirouette.txt (55 KB)

Acceleration Spins.txt (106 KB)

acceleration.pov.txt (120 KB)

Ich glaubte, dass es eine Abbildung von Proteinmolekylen war. :stuck_out_tongue:

Viels Grüße,
Sanne

Eine getrennte Darstellung der Bescheunigung und der Ortskurve hat finde ich mehr Sinn. Für jede Beschleunigungsrichtung ein Diagramm mit der Zeit in x-Richtung und der Bechleunigung in y-Richtung.

Die Ortskuve kann man als 2D (von oben) oder evtl auch als 3D grafik iwie Darstellen.

Wer fit ist kann natürlich auch sowas: http://www.hutschdorf.de/flash/sinus.htm basteln, nur eben, dass links der aktuelle Punkt der auf der Ortskurve angezeigt wird und rechts die 3 Bechleunigungsdiagramme.

Die Diagramme sollten weniger das Problem sein, die Ortskurve (für mich) schon eher, so ein applet auf alle fälle :wink:

Das ist schon mal das erste Problem. Da ich das Handy natürlich irgendwie schräg gehalten habe und die Neigung sicherlich auch variiert habe, muß man erst mal rausrechnen, was eigentlich “oben” ist. Das ist nicht ganz einfach. Eventuell wäre es ein Ansatz, über die Beschleunigung zu integrieren und mit dem Wissen, daß der Hallenboden eben ist und ich mich nur horizontal bewegt habe (mal abgesehen von Ausgleichsbewegungen mit den Armen) auf die Normale zu schließen. Das klappt aber auch nur Näherungsweise, da man sich bei Front- und Backspins natürlich neigt (den gesamten Körper, einschließlich Einrad), was zur Folge hat, daß an der Hand vertikale Beschleunigungen auftreten.
Ungefähr war übrigens y oben, da ich das Handy halbwegs aufrecht in der Hand hatte.

Mir gefällt das Dingen. Auch wenn ich noch nicht genau mit dem Ablesen klar komme. Ich denke aber, je weniger Ausschlag in dem Dingen zu erkennen ist, desto “besser” fährst du deinen Spin. Man könnte das Gerät sogar zur Leistungsanalyse verwenden, je weniger Schwankung, desto stabiler der Spin.

Was ich mich frage: Wie bist du in die Pirouette gekommen. Da müsste ja zuvor ein Spin sein, oder?
Ist der Spin sauber gefahren, so sieht man am Anfang eine steigende Beschleunigung, bis der Spin seine konstante Geschwindigkeit erreicht. Mit dem Zusammenziehen der Arme müsste dann nochmals ein Anstieg zu erkennen sein, der dann aber rapide abflachen sollte (wenn man die Pirouette in den Still stand dreht). Ansonsten ganz verwurstelte Ausschläge in die Richtung, in die man gefallen ist :wink:
Das wäre cool, wenn du sowas aufzeichnen könntest, hängt aber natürlich auch von deiner Fahrqualität ab.

Jedenfalls interessante Sache, gefällt mir :slight_smile:

Ne, ne. Auch bei einem perfekten Spin treten Beschleunigungen auf, da der Beschleunigungssensor ja nicht in der Drehachse ist, sondern an der Hand. Der Betrag der Beschleunigung ist bei einem perfekten Spin natürlich konstant, aber der Vektor rotiert zusammen mit dem Spin.

Klar steckt in dieser Aufzeichnung auch der Spin vor der Pirouette drin. Die Arme habe ich aber nicht angelegt wie schon gesagt.
Am Ende des Graphen sieht man übrigens auch das Rausfahren aus der Pirouette (ich habe sie nicht bis zum Stillstand ausdrehen lassen). Bei der Spinkette ist dieses Ausfahren sehr deutlich am unteren rechten Bildrand zu sehen.

Mach ich. Vielleicht schaffe ich es, nebenbei die Videokamera laufen zu lassen. Dann kann man Beschleunigungslog und Video synchronisieren.

Kann es sein, das du hier gerade Geschwindigkeit und Beschleunigung verwechselst, oder hab ich ein Verständnisproblem?

Wenn der Spin wirklich perfekt wäre würde sich der Fahrer mit konstanter Geschwindigkeit drehen. Nach den ersten paar Runden des Spins sollte der Sensor also auf 0 stehen (es sei denn die Hand bewegt sich mal nach außen und innen, aber sowas kommt bei einem perfekten Spin nicht vor ^^)

Wäre auf jeden Fall mal Interessant zu sehen wie sich die Werte bei verschiedenen Tricks oder Disziplinen verhalten. Kann der das auch in einem einfachen 2d Koordinatensystem mit Zeit und Beschleunigung darstellen?

Ich denke nicht, daß ich hier was verwechsle. Auch in einem perfekten Spin treten Beschleunigungen auf. Falls ich z.B. das Handy unterwegs loslasse, fliegt es tangential weg. Da es das nicht tut wenn ich es festhalte, muß es beschleunigt werden, um dieser Fliehkraft entgegen zu wirken.

Der kann nur Rohdaten ausspucken. Alles andere ist dem geneigten Benutzer überlassen.

Danke für die Daten! Bisher habe ich noch keine Idee wie man daraus etwas Vernünftiges machen kann…

Der Sensor ist wohl bei etwas unter/über ±20 m²/s an seiner Grenze. Jedenfalls sehe ich da viele solche Werte, die in den restlichen Kurvenverlauf nicht hineinpassen. Insofern ist die Integration noch etwas heikler als sie jetzt schon ist… :wink:

Ah ja, ich hatte gerade das gleiche gedacht, wie der Rocco. Die Zentrifugalkraft drückt das ja alles nach außen. Aber du hälst das Handy ja doch in der Hand? Überträgt sich die Zentrifugalkraft des Spins auf das Handy (über die Arme)? Ich hatte jetzt nämlich gedacht, das Festhalten eliminiert die Beschleunigung, die sich dann Richtung 0 bewegt und die Geschwindigkeit dadurch dann konstant wird. Anscheinend liegen Rocco und ich falsch, kannst du das mal nochmal genauer erklären Wolfgang? Vlt. irgendwie veranschaulicht, wann welche Kräfte wirken?

Achso, jetzt versteh ich auch die Grafik oben besser. Also je größer der ‘Radius’ der Schlange oben ist, desto höher die Beschleunigung? Bei dem Orangenen ist also kurz vor Ende dieser riesige Ausreißer (der auch das blaue überlappt) dann die Pirouette, nehm ich mal an?

Das wäre der Knüller. Mit angezogenen Armen müsste der Graph ja sowas wie ne zylindrische Form zeichnen, wenn ich jetzt alles verstanden habe, oder?

P.S. Ich bin für Handschuhe mit Beschleunigungs- und Geschwindigkeits-Sensor :wink:

Bei einem Spin oder auch einer Pirouette ändert sich ja ständig die Bewegungsrichtung der Hand, nämlich im Kreis rum. Ohne jede Beschleunigung würde diese sich geradeaus mit konstanter Geschwindigkeit bewegen. Die Änderung dieser Richtung und Geschwindigkeit ist eine Beschleunigung, die dann vom Sensor gemessen wird - hoffentlich, falls das Ding das tut, was es soll.
Bei einer konstanten Kreisbewegung erwarte ich also eine Beschleunigung die radial in Richtung Kreismittelpunkt wirkt und deren Betrag linear von der Geschwindigkeit (oder anders ausgedrückt vom Radius und der Drehgeschwindigkeit) abhängt.

Genau. Warum dieser Ausreiser dann aber so ungleichmäßig aussieht ist mir noch nicht klar. Entweder habe ich mit den Armen gerudert wie ein Wilder (was nach meinem Empfinden nicht der Fall war, aber ich hatte keine Zeugen), oder der Sensor mißt sehr ungenau.

Theoretisch ja. Die Praxis zeigt, daß dem nicht so ist.

Danke, das habe ich nun verstanden.

Aber du hast doch gesagt, du bist die Pirouette mit ausgestreckten Armen gefahren? Ziehst du die Arme bei der Pirouette zum Körper ran, dann dürfte sich da ja nochmal die Beschleunigung erhöhen. Ein Ausreiser, wenn du die Arme anziehst, dann das größer werden des Zylinders, dann wirds aber auch rapide wieder kleiner, weil wird ja auch wieder gebremst.
Quasi gibt es dann einen Weihnachtsbaum, der irgendwo ne Lamette-Kette ausenrum hängen hat und unten dann den Stamm :wink:

P.S. Wenn ich wieder bei uns im Sportlabor bin, übernächsten Montag frag ich mal, welche Messinstrumente wir für sowas haben. Sportinformatik vom feinsten hier!

Wenn du das Handy in der Hand hast müsste doch, sobald du in der konstanten Kreisbewegung drin bist, die einzige aufs Handy wirkende Kraft die Fliehkraft sein, die ja vom Handy (=Sensor) aus gesehen immer in die selbe Richtung, nämlich “außen”, wirkt.
Ich würde das jetzt eigentlich ebenfalls so interpretieren dass während der Kreiseldauer keine Beschleunigung mehr vorhanden ist, da die wirkende Kraft ab da ja sowohl in Richtung als auch in Stärke konstant ist. (was natürlich aufgrund der in der Realität nicht konstanten Bewegung nicht der Fall ist)

//edit: Bester Thread seit langem hier :smiley:

Wenn nur die Fliehkraft wirkt, dann fliegt das Handy davon. Die Gegenkraft wirkt auch noch, und zwar immer Richtung Mittelpunkt wie es Yeti oben beschrieben hat. :smiley:

Und die Erdanziehungskraft wirkt auch immer (ist damit auch immer Teil der Messwerte) und macht die Interpretation nicht einfacher, wenn Yeti subtil das Handy schief hält und damit die Messwerte versaut. :smiley: